Eröffnungskonzert der Ferienkurse für Neue Musik

Seit 2010 eröffnen die Darmstädter Ferienkurse ihr Konzertprogramm jeweils mit paradigmatischen, zumeist abendfüllenden Repertoirewerken: Zunächst 2010 mit Gérard Griseys großem Orchesterzyklus Les Espaces Acoustiques, 2012 folgte ein Cage-Abend mit Atlas Eclipticalis und dem epochalen Concerto for Piano and Orchestra. 2014 wird diese Reihe mit zentralen Werken der jüngsten Musikgeschichte mit einem Stück fortgesetzt, das sich aufgrund seiner hohen Anforderungen an die Interpreten und der komplexen Aufführungssituation äußerst selten auf den internationalen Konzertprogrammen findet: Carré für vier Orchester und vier Chöre (1959/60) von Karlheinz Stockhausen. Stockhausen war bis Mitte der 1970er Jahre einer der wichtigsten, wegweisenden und prägenden Komponisten der Darmstädter Ferienkurse, 1996 kehrte er nach längerer Abstinenz noch einmal zum 50jährigen Bestehen der Kurse mit großer Resonanz nach Darmstadt zurück. Bis heute wurde Carré in Darmstadt noch nicht aufgeführt.

Zur Entstehung und zum Kontext des Werkes bemerkte Stockhausen anlässlich der Uraufführung von Carré im Rahmen der Konzertreihe „das neue werk" beim Norddeutschen Rundfunk Hamburg:
„Die ersten Skizzen entstanden Ende 1958 im Flugzeug während einer sechswöchigen Amerika-Tournee, bei der ich täglich längere Zeit flog und über den Wolken die langsamsten Veränderungszeiten und weitesten Räume erlebte.

Die Ausarbeitung entstand 1959 unter Mitwirkung meines damaligen Assistenten Cornelius Cardew, der gemäß meinen Plänen, Zeichnungen, täglichen Instruktionen und Korrekturen die Partitur mit mir notierte. Ein großes Orchester von 77 Musikern ist in 4 Gruppen aufgeteilt, die ungefähr die gleiche Besetzung haben. Zu jeder Orchestergruppe gehört ein gemischter Chor mit 8 oder 12 Sängern. Singstimmen und Instrumente sind zu einem einheitlichen Mischklang verbunden. Der phonetisch konzipierte Text wurde nach rein musikalischen Qualitäten komponiert. Nur hier und dort tauchen Namen von Kindern, Frauen, Freunden auf. […]
Dieses Stück erzählt keine Geschichte. Jeder Moment kann für sich bestehen. Man muss sich Muße nehmen, wenn man diese Musik in sich aufnehmen will; die allermeisten Veränderungen geschehen sehr behutsam im INNEREN der Töne. Ich wünsche, diese Musik könnte ein wenig innere Stille, Weite und Konzentration geben; ein Bewusstsein dafür, dass wir viel Zeit haben, wenn wir sie uns nehmen – dass es besser ist, zu sich selbst zu kommen, als außer sich zu geraten; denn die Dinge, die geschehen, brauchen jemand, dem sie geschehen können, jemand muss sie auffangen."

Zwischen den zwei Aufführungen von Stockhausens Carré kommt die „Ceremony" Cortege von Harrison Birtwistle zu Gehör, ein perfektes Stück, um nach und vor Stockhausens gewaltigen Klangwanderungen die Hörperspektive grundlegend zu verändern. Cortege ist Birtwistles komplett neue Überarbeitung seines früheren Werks Ritual Fragment. Der Komponist wollte das Original revidieren und korrigieren, entdeckte jedoch bald, dass sein Vorhaben eine reine Überarbeitung bei weitem überstieg. Das Ergebnis könnte man als den endgültigen "director's cut" des Stücks bezeichnen.

Ensemble musikFabrik
hr-Sinfonieorchester
Konzertchor Darmstadt

Lucas Vis (Dirigent)
Clement Power (Dirigent)
Christian Karlsen (Dirigent)
Wolfgang Seeliger (Dirigent und Choreinstudierung)

Im Rahmen der 47. Internationalen Ferienkurse für Neue Musik.

Samstag, 02.08.2014
20:00 Uhr
Eintrittspreis: 17,50 €, Ticket(s) kaufen

Location:

Böllenfalltorhalle
Nieder-Ramstädter-Straße 170
64285 Darmstadt
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Veranstalter:

Internationales Musikinstitut