Kammerspektakel: Voodoo Jürgens + Ilgen-Nur +...

Foyerterrasse Open-Air mit Voodoo Jürgens, Ilgen Nur und M.Byrd.

VOODOO JÜRGENS
Schmäh ohne: als Ende 2016 „Ansa Woar“ das Debütalbum von Voodoo Jürgens erschien bekam es durch die Bank Lobeshymnen und Top-Bewertungen; gleichzeitig schrieben wohlwollende Medien wie der Musikexpress im aufmunternden Ton, dass diese Musik nun aber wirklich zu österreichisch, zu raunzend, zu fordernd, letztlich auch zu „leiwand“ sei um von den goldenen Schallplatten der rund um diese Zeit durchstartenden und sehr breitenwirksamen österreichischen Erfolgs-Acts zu träumen. Es kam anders; „Ansa Woar“ stieg – als wohl erstes österreichisches Indie-Album überhaupt – von null auf eins in die Verkaufscharts ein, holte im Rekordtempo Gold-Status und sorgte selbst beim deutschen Nachbarn für volle Hallen und klingelnde Kassen; und das eben ohne Anbiederung an Erfolgsformeln, ohne das Schielen auf Verkaufszahlen und Hörgewohnheiten, sondern durch klassische Mundpropaganda basierend auf dem Charisma eines beinahe gescheiterten und fünf vor zwölf aus dem Underground nach oben gespülten Hallodris.
Der Hype war berechtigt. „Ansa Woar“ entpuppte sich als einer der ganz großen Würfe der österreichischen Pop-Geschichte.
Nach drei Jahren Funkstille ist somit der Hunger nach neuem Voodoo-Material gigantisch; aber auch hinter der langen Wartezeit verbirgt sich keine Berechnung. Voodoo nahm sich die Zeit die es braucht, weil „auf muaß geht gar nix – es muaß sich ergeben“ wie er schlau im gespenstischen „Ohrwaschlkräuler“ postuliert.
Inzwischen steht ihm eine fantastisch eingespielte Band zur Seite, eine der besten des Landes, die Ansa Panier. Inzwischen ist er als Songwriter gereift und in die Liga eines Nino Mandl, also in den obersten Olymp kontemporären deutschsprachigen Liedermachertums aufgestiegen. Er ist nun selbstbewusster, klarer und artikulierter; weiß was er kann; das hört man der neuen Platte an.
Lässig serviert er Knaller wie den Titelsong (featuring der one and only Jazz Gitti) und „Kumma ned“ (featuring dem one and only Louie Austen), die dem Album zu Beginn auch gleich einen thematischen roten Faden verleihen, der immer wieder locker aufgegriffen wird, sich aber auch gern mal verläuft um ungeschliffenen Juwelen wie „2l Eistee“ ihren Platz zum Strahlen zu geben.
„`S Klane Glückspiel“ gelingt das Kunststück „Ansa Woar“ nochmal zu toppen. Die Deep Cuts sind schöner, die Hymnen auf Underdogs und Scheitern ergreifender, die Hits geiler, der Schmäh schwärzer und das Gesamtwerk homogener, ausgereifter aber auch farbenfroher und dabei zwingender... Bua, wie soll des weitergehen?

ILGEN-NUR
ist innerhalb der deutschen Musiklandschaft eine absolute Ausnahmeerscheinung.2019 erschien mit „Power Nap“ das Debütalbum der Slackerqueen auf ihrem eigenen Label mit dem Namen „Power Nap Records“.Gerade einmal ein bisschen mehr als zwei Jahre ist es her, dass Ilgen-Nur zum ersten Mal auf der Bühne stand. Betrachtet man das Talent der 23-Jährigen Wahlhamburgerin, so ist es ein mittelschweres Wunder, dass das nicht früher passiert ist. Schließlich ist Ilgen-Nur Borali eine herausragende Songwriterin, Sängerin und Gitarristin. Schon auf ihrer ersten EP "No Emotions", die im Frühjahr 2017 auf Kassette (via Sunny Tapes) erschien, konnte man das hören: Songs wie „17“ und „Cool“ sind beiläufige, lässig dahergespielte Indiehits mit Unmengen an Ohrwurmpotential, die unaufgeregt Alltags- und Adoleszenzbeobachtungen aneinander reihen.Die Dinge geraten ins Rollen: Tocotronic fragen, ob Ilgen-Nur sie nicht supporten wolle, europäische Tastemaker-Festivals wie das The Great Escape in Brighton, dasEurosonic oder das Spot-Festival in Dänemark schicken Einladungen nach Hamburg. Zusammen mit ihrem Homie Drangsal covert Ilgen-Nur die No Angels und„17“ wird für die Netflix-Serie „How to Sell Drugs online (fast)“ gepickt. Die ersten eigenen Konzerte in Hamburg und Berlin sind lange im Voraus ausverkauft. „Power Nap“ wurde – wie auch „No Emotions“ schon – von die-Nerven-Gitarrist Max Rieger aufgenommen und produziert: Die Gitarren sind dieses Mal ein bisschen fetter, die Arrangements ein bisschen ausgefeilter – aber alles in allem ist auch auf „Power Nap“ lässig zurückgelehnter Indierock mit 90er-Slacker Anleihen zu hören, der den internationalen Vergleich mit Künstlerinnen wie Snail Mail oder Courtney Barnett nicht scheuen muss.„Power Nap“ kann vieles und ist doch stringent: Es wird zusammengehalten von Ilgen-Nurs Stimme, die wie ein eigenes Instrument funktioniert. Noch deutlicher als auf „No Emotions“ traut sie sich, den vollen Umfang ihrer Stimme zu nutzen. Überhaupt, „Power Nap“, der Titel diese Albums: Er entsteht spontan – als die Band schon längst zusammen im Studio ist. Eines Nachts stolpert Ilgen-Nur über die Worte, während sie Artikel liest über irgendetwas, und ihr ist sofort klar: Das ist der Titel. Und er passt wie angegossen. Power Nap vereint ein Kontraste: Energie und Müdigkeit, Selbstermächtigung und Entschleunigung, den Rückzug in die eigenen vier Wände und den Wunsch, sich ohne jeden Rückhalt in die Welt zu stürzen.Mit ihrem Debüt reiht Ilgen-Nur sich ein in eine Riege von Künstlerinnen, die sich gerade aufmacht, die Musik der nächsten Jahre zu prägen. „Power Nap“ ist schon jetzt eines der herausragenden Alben des Jahres 2019.

M.BYRD
Alles beginnt im Tourbus bei Ilgen-Nur. Auf ihrer Power-Nap-Tour spielt M. Byrd 2019 Bass. Und ihr und dem Rest der Band der irgendwo zwischen Amsterdam und Paris seine Songskizzen übers Autoradio vor. Die Reaktion auf die diese Skizzen ist der Anstoß, den es manchmal braucht, um die Dinge ins Rollen zu bringen. Einhellige Meinung: Er müsse was draus machen, aus dieser Musik, aus seiner Stimme. Und das hat er.
„Mountain“ heißt seine erste Single, der erste einer Reihe von Songs, die er geschrieben hat, während er in den letzten Jahren durch Europa reiste. Island, Frankreich, Dänemark: Wehende Hallfahnen, das lässig stoische Schlagzeug von Drummer André Albrecht und schwebende Chöre von Doreen Albrecht liefern den Raum in dem Byrds Stimme sehnsüchtig, vertraut und warm bewegen kann. Byrds Musik klingt, wie Guadagignos „Call me by your name“ aussieht, erinnert mal an Tom Petty, an Sufjan Stevens oder Kurt Vile, während die Gitarren erst klingen wie bei Sonic Youth und dann wieder verhallt wie bei The War on Drugs. Der 25-Jährige schreibt Songs, wie man sie in einer solchen Lässigkeit am Anfang einer Karriere nur sehr selten zu hören bekommt: Seine Musik versetzt den Hörer in ein Roadmovie an der amerikanischen Westküste, schmeckt nach melancholischem Fernweh und euphorischer Jugend.

17:00 Uhr: Einlass
18:00 Uhr: M.Byrd
19:00 Uhr: Ilgen-Nur
20:30 Uhr: Voodoo Jürgens
22:00 Uhr: Ende

Freitag, 20.08.2021

Location:

Staatstheater
Georg-Büchner-Platz 1
64283 Darmstadt
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Veranstalter:

Staatstheater Darmstadt